Weshalb ICT-Empowerment für Bildungsorganisationen wegweisend ist

Ein Gastartikel von Patrick Lustenberger


Wir haben Zeit gewonnen durch die informationsbasierte, technologische Entwicklung. Was tun wir mit dieser gewonnenen Zeit? Wie ganzheitlich denkend – und damit meine ich auch verantwortungsvoll handelnd – gehen wir mit unseren Ressourcen um?

2016 definierten wir die Begrifflichkeit «ICT-Empowerment», aufbauend auf der «ICHT-Formel» (siehe Box unten). Daraus ist ein Konzept wie auch eine Haltung entstanden. 2020 lancierte ich an der Pädagogischen Hochschule Graubünden den Zertifikatslehrgang CAS PICTS mit gleichnamigem Modul. In meiner gegenwärtigen Tätigkeit als externer Prozessbegleiter bei der IT-Bildungsoffensive des Kanton St. Gallens ist «ICT-Empowerment» erneut wesentlicher Bestandteil.

Grafik ICHT

Wir sind der Ansicht, dass es sich im Bildungsbereich lohnt, «ICT» und «Empowerment» verstärkt in Relation zu lesen.
Durch die globale Konnektivität und die digitale Transformation gewinnt die zwischenmenschliche und allgegenwärtige Kommunikation zunehmend an Bedeutung. Information und Kommunikation ist nicht gleichzusetzen. Doch werden beide Komponenten mit und durch die technologische Entwicklung digitalisiert.

Anders verhält es sich mit der zwischenmenschlichen Beziehungsgestaltung. Diese beruht auf einigen wesentlichen Faktoren mehr als die Reduktion auf Algorithmen und Technik.

Empowerment zielt in seinem Ursprung darauf ab, bestehende (Macht-)Strukturen zu hinterfragen, sich hinsichtlich Verantwortlichkeiten gemeinsam auszutauschen und diese entsprechend anhand vorhandener und sichtbarer Fähig- wie Fertigkeiten sinnstiftend aufzuteilen.

Das Benennen von Macht- und Ohnmachtsstrukturen ist daher relevant, weil das einmalige Erreichen eines gewünschten Zustandes, nicht ausreicht. Das «Empowerment» kein Ziel darstellt oder eine Tätigkeit bedeutet, welche einmal erreicht, beruhigt ad Acta gelegt werden kann, spiegelt sowohl die Geschichte wie auch die Gegenwart wider. Stichwort: Black Lives Matter.

Der Begriff Empowerment hat sich auch in Bildungsorganisationen und Betrieben etabliert. Unsere Praxis zeigt: Beleuchten diese Akteure nicht gleichwohl kritisch wie sorgfältig ihre eigenen verankerten, hierarchischen Strukturen oder ignorieren die Tatsache, dass unser Wirtschaftssystem auf entsprechenden Strukturen basiert, wird dem Ursprung des Begriffes Empowerment nicht Rechnung getragen, sondern er wird missbraucht. 

Denn zentral ist: Empowerment ist nur möglich, wenn bestehende Machtinhaber*innen einen Teil ihrer Macht abgeben. Den Kuchen teilen. 

Denken wir die wirtschaftliche Komponente mit, so vermag «Jemanden zu befähigen» in Bereichen der Wissensvermittlung und der Weitergabe bzw. Aneignung von Fertigkeiten effizient erscheinen und so gesehen, Prozesse beschleunigen. Gleichwohl dürfen wir uns bewusst sein, dass diese Form der Vermittlung auch die Möglichkeit schmälert, auf neue, gegenwartsnahe Erkenntnisse und Lösungsansätze zu stossen. 

Unabhängig, ob es sich dabei in einer Organisation um komplexe Aufgabestellungen, gemeinsames Visionieren oder alltägliche Abläufe handelt, wage ich zu behaupten, dass ein reflektiertes Team jede Gelegenheit nutzt, gemeinsam den Fokus auf Ressourcen zu legen und kostbare Fertigkeiten aller Teammitglieder*innen einzubinden. Hierfür bedarf es den Dialog auf wertschätzender Augenhöhe. 

Die weltweite Bewegung, «Arbeit neu denken» (vgl. «New Work»), beruht auf der kritischen Auseinandersetzung mit der Entwicklung und Etablierung unseres rund zweihundertfünfzig-jährigen Wirtschaftssystems. In ihrem aktuellen Buch schreibt die deutsche Politökonomin und Nachhaltigkeitswissenschaftlerin Maja Göpel «um die Welt neu zu denken, genügt es manchmal schon, eine einzige Sache anders zu bewerten als bisher» (Göpel 2021). Ein sehr empfehlenswertes Zeitdokument, dessen Berücksichtigung einer holistischen Perspektive ich teile. Die Hinterfragung und Neubewertung tradierten Wissens, welches weitgehend schnelle, kostensparende und effiziente Methoden glorifiziert, wird reflektiert mit dem Fokus eines neu zu gestaltenden Mit- und Füreinander. Und hierbei stellt die Technologie keinen Widerspruch dar, sondern eine sinnvolle, unterstützende Ergänzung.

An dieser Stelle kehre ich zum einleitenden Gedanken zurück, weshalb ICT-Empowerment für Bildungsorganisationen in unserer Arbeit wegweisend ist.

Unsere Welt nimmt mit ihren technologischen Fortschritten unaufhaltsam ihren Lauf. In dieser Entwicklung denken wir von Quintessenz-Qualität den Menschen und seine ganzheitlichen Bedürfnisse wie Fähigkeiten in Organisationen,welche sich im digitalen Wandel befinden, mit. In Bildungsorganisationen begleiten wir diesen Prozess und haben ihn zwecks Sichtbarwerdung der Begrifflichkeit ICT-Empowerment zugeordnet.

Ermutigen und die Sensibilisierung sprachlicher wie kommunikativer Skills sind hierbei unsere zentralen Tätigkeiten, um physische wie mentale Visions- und Handlungsräume zu gestalten. Wir wollen mit unserem Wirken dazu beitragen, dass die Entwicklung rund um Neues Arbeiten auch in Bildungsorganisationen organisch wächst.

ICT-Empowerment in Bildungsorganisationen zu leben, eine neue Kultur mit entsprechendem Mindset dahingehend zu etablieren, ermutigt und stärkt alle im Prozess involvierten Akteure.


Literatur

Göpel, M. (2021): Unsere Welt neu denken – eine Einladung. München, Ullstein.

Quintessenz-Qualität GmbH

Quintessenz-Qualität führt Beratungen, Prozessbegleitungen und Coachings im Bereich Qualitätsmanagement, digitaler Wandel und Persönlichkeitsentwicklung für Bildungsorganisationen, Unternehmen und Private durch. Um die optimale Abstimmung zwischen Menschen und System zu finden, setzt Quintessenz-Qualität ganzheitliche Methoden ein. Im Zentrum stehen dabei Erkennen von Potenzialen und Ausbilden persönlicher sowie technisch-funktionaler Qualitäten. 
www.quintessenz-qualitaet.com

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