Öffentliches Beschaffungswesen: Eine Zusammenfassung

Am 9. und 11. April 2018 luden der Verband der Schulleiterinnen und Schulleiter Zürich (VSLZH) und die Fachstelle Bildung & ICT des Volksschulamtes (VSA) Interessierte ein, Einblick in die Thematik des öffentlichen Beschaffungswesens zu nehmen. Der Aufbau der Veranstaltung folgte auch dieses Mal dem Grundsatz Theorie und Praxis zu verbinden.

Theorie

Der Anlass startete mit einer Kurzübersicht zum Submissionsrecht des Kantons Zürich. Die Juristen Werner Stauffacher (Generalsekretariat Bildungsdirektion) und Mattias Schweizer (Volksschulamt) erklärten anschaulich, wann und vor allem wie eine Schule ihre Pflichten im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens wahrzunehmen hat.
Die Schwellenwerte und somit die Pflicht das Verfahren des öffentlichen Beschaffungswesens anzuwenden, sind im Kanton Zürich im Anhang der Interkantonale Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen (IVöB) geregelt:

Schwellenwerte (aus der Präsentation)

Bereits ab einem Auftragswert von Fr. 100 000 bei Lieferungen und Fr. 150 000 bei Dienstleistungen (über vier Jahre kumuliert) ist ein Auftraggeber definiert nach Art. 8 IVöB verpflichtet, das Einladungsverfahren anzuwenden. Ab Fr. 250 000 muss bereits das offene / selektive Verfahren angewendet werden. So wurde an der Veranstaltung deutlich, dass eine Schule, welche zum Beispiel über vier Jahre elektronische Geräte von einem Anbieter bezieht, schnell über diesen Schwellenwert kommen kann.

Besonders die Unterscheidung zwischen privaten und öffentlichen Anschaffungen lösten Diskussionen aus. Während wir bei privaten Beschaffungen frei entscheiden können was genau wir wo, wie, bei wem und unter welchen Bedingungen kaufen wollen, gibt es bei der öffentlichen Beschaffung klare Abläufe und Eckwerte, an die man sich halten muss. So ist der Verhandlungsspielraum prinzipiell eingeschränkt, die gesetzlichen Regelungen sind detaillierter, das Verfahren muss transparent sein und es bestehen Beschwerdemöglichkeiten eines nicht berücksichtigten Anbieters (was zu grossen zeitlichen Verzögerung führen kann). Ebenso wird im Sinne der Wahrung des wirksamen Wettbewerbs nicht ein bestimmtes Produkt ausgeschrieben, sondern es werden gewünschte Leistungen beschrieben.

Grundprinzipien (aus der Präsentation)

Die Ausführungen der Juristen machten den Teilnehmenden zudem bewusst, dass § 10 der kantonalen Submissionsverordnung, welcher Fallgruppen definiert, bei denen auch bei Erreichen der Schwellenwerte ausnahmsweise das freihändige Verfahren angewandt werden darf, nur sehr zurückhaltend eingesetzt werden darf. Möchte man trotz Erreichen des Schwellenwertes freihändig beschaffen, empfiehlt es sich, den Rat von Experten beizuziehen.
Im Anschluss erhielten die Anwesenden weiterführende Informationen über die einzelnen Schritte des Einladungsverfahrens :

wichtige Schritte im Einladungsverfahren

Die Präsentation zum theoretischen Teil findet sich unter folgendem LINK.
Weiter wird eine ausgearbeitete Form der obenstehenden Abbildung durch ICT 2022 – konkret entwickelt und ab Frühling 2019 zur Verfügung stehen.

 

Praxis

Nach einer kurzen Pause folgte der praktische Teil, durch welchen wir vom Verein schmizh (Verein Schule Medien Informatik Zürich) geleitet wurden. Herr Jussi Fritschi und Herr Daniel Jud beschrieben anhand des EVA-Prinzips (Eingabe, Verarbeitung, Ausgabe), wie sie selbst ein solches Verfahren umgesetzt haben und betonten, wie wichtig ein Gesamtkonzept ist – denn „es sollte nie darum gehen, einfach nur Geräte anzuschaffen“. Zu Beginn wurde der Grundlagenbericht ICT an Zürcher Volksschulen 2022 durchgearbeitet, wichtige Stellen markiert und definiert, was schon vorhanden ist und wo es hingehen soll.

IST Zustand

  • Was läuft gut?
  • Was soll optimiert werden?
  • Was soll gestrichen werden?

Sie überlegten, welche Geräte (sichtbar und nicht sichtbar) bereits im Schulhaus vorhanden sind, wie und ob diese eingesetzt werden und wenn nicht, warum.

 

SOLL-Zustand

Bei der Zieldefinierung wurde uns empfohlen, sich an diesen drei Ebenen zu orientieren:

  • Pädagogisch: Welche Ziele sollen im pädagogischen Bereich erreicht werden? Wie wollen wir arbeiten?
  • Geräteeigenschaften: Welchen Anforderungen müssen die Geräte genügen?
  • Wartung der Geräte: Wie sollen die Geräte gewartet werden können?
    –> Je konkreter, desto besser!

Durch diesen Aufbau wird ersichtlich, dass der Grundsatz: Pädagogik vor Technik gelebt werden muss, um zu verhindern, dass angeschaffte Geräte nicht einfach in einem Kasten verstauben.
Im Raum hallte auch die Aussage nach, dass es keine Abkürzungen in diesem Prozess gibt und jede Schule diesen Weg selber durchlaufen muss. Nur so gelingt eine erfolgreiche Implementierung. Aber dieser Weg muss nicht alleine gegangen werden. Die Empfehlung ist klar: Schulen sollen sich vernetzen. Nicht nur untereinander, sondern auch mit der Privatwirtschaft. Denn: So individuell jede Schule ist, so ähnlich sind die Herausforderungen. Ausserdem sollte überlegt werden, den Prozess von einem Berater im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens (wie dies in unserem Praxisbeispiel gemacht wurde) begleiten zu lassen.

Die Präsentation des Vereins schmizh ist unter folgendem LINK aufrufbar.

 

Fazit

Was konnten wir von diesen beiden Anlässen mitnehmen?

  • Das öffentliche Beschaffungswesen ist kein Buch mit sieben Siegel, allerdings ein Prozess, welcher Zeit, Planung und häufig Expertenwissen erfordert
  • Pädagogik vor Technik
  • Vernetzung hilft

Ich persönlich konnte viel von dieser Veranstaltung mitnehmen und hoffe, mit diesem Bericht einige wichtige Inhalte weitergeben zu können.

Weitere nützliche Links & Downloads:

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1 Gedanke zu „Öffentliches Beschaffungswesen: Eine Zusammenfassung“

  1. Drei nicht ganz unwichtige Hinweis zu den Schwellenwerten:
    – Zum Preis der Lieferungen und Dienstleistungen muss eine Schätzung der Supportkosten über 48 Monate dazugerechnet werden – das macht den Schwellenwert (ohne MwSt.) aus.
    – Leasing entlässt nicht aus der Submission. Der Gesamtbetrag des Leasings über die definierte Vertragsdauer bestimmt den Schwellenwert, allfällig notwendige Dienstleistungen und Supportkosten gehören ebenfalls dazu.
    – IT-Projekte sind üblicherweise eine Mischung aus Lieferung und Dienstleistung. Für die Bestimmung des Schwellenwertes (Fr. 100’000.- oder Fr. 150’000.-) gilt der grössere Kostenanteil im Projekt. In Schulen ist das zumeist die Lieferung, somit gilt meist der Schwellenwert von Fr. 100’000.- für einladungsverfahren.

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