Kommunikationsentwicklung als Erfolgsfaktor im digitalen Wandel der Schule

Die Covid-19-Pandemie hat in sehr vielen Schulen die Digitalisierung der Kommunikationskanäle beschleunigt. Im Schulteam wird neben E-Mail vermehrt auch über MS Teams kommuniziert, und in der Kommunikation mit Erziehungsberechtigten sind immer häufiger Apps wie Klapp, Schoolfox oder Pupil im Einsatz, die einen schnellen Austausch von Informationen ermöglichen. Nachdem zu Beginn der Pandemie die möglichst schnelle, technische Bereitstellung dieser Kanäle im Vordergrund stand, konnten mittlerweile vielfältige Erfahrungen mit deren Nutzung gesammelt werden. Dabei wird eins deutlich: Diese Kanäle haben nicht nur neue Möglichkeiten für die Schulkommunikation eröffnet, sie verändern auch die Zusammenarbeit in der Organisation Schule und mit den Erziehungsberechtigen. Für Schulleitungen stellt sich daher die Frage, wie dieser kulturelle Wandel im Rahmen der Schulentwicklung sinnvoll gestaltet werden kann. Als wichtiger Erfolgsfaktor kann hier die Weiterentwicklung der internen und externen Kommunikation betrachtet werden. 

Schulkommunikation kann dabei auf drei Ebenen einen wirkungsvollen Beitrag zur Gestaltung des digitalen Wandels der Schule leisten (siehe Abb. 1): 1. Sie kann digitale Kanäle und Plattformen für die Kommunikation und die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Stakeholdern etablieren (Ebene Digitalisierung der Kommunikation), 2. Sie kann den digitalen Wandel der Schule über die Kommunikationskultur mitgestalten und begleiten (Ebene Kommunikationskultur) und 3. Sie kann bei den Stakeholdern der Schule für den digitalen Wandel Akzeptanz schaffen (Ebene Schulentwicklung).

Quelle: ZHAW; Organisationskommunikation und Management

Digitale Kanäle und Plattformen etablieren

Auf der Ebene der Digitalisierung der Kommunikation liegt der Fokus auf der Einführung und Etablierung einzelner, digitaler Kanäle und Plattformen für die Kommunikation mit Erziehungsberechtigten, mit Schüler:innen, Lehrpersonen, aber auch mit der breiten Öffentlichkeit sowie der Schulverwaltung. Die Impulse für die Neu-Einrichtung eines digitalen Kanals können dabei sowohl aus dem Umfeld der Schule als auch aus dem Schulbetrieb selbst heraus kommen. So sorgte die externe Vorgabe zum Fernlernen dafür, dass in vielen Schulen neue digitale Kanäle schnellstmöglich eingerichtet werden mussten. Welche Kanäle das sind, ist abhängig von der ICT-Infrastruktur der jeweiligen Schule. Durch eine zielgruppengerechte Begleitkommunikation zur Einführung dieser Kanäle wird der Grundstein für eine sinnvolle Nutzung gelegt. Darüber hinaus müssen diese Kanäle auch regelmässig bewirtschaftet sowie mit aktuellem Content ergänzt werden. Die wesentlichen Parameter sowie die Zuständigkeiten bezüglich Beschaffung der Basisinfrastruktur, Bewirtschaftung und Pflege der neuen Kanäle werden idealerweise im lokalen Medien- und ICT-Konzept festgehalten.

Digitalen Wandel der Schule über Kommunikationskultur mitgestalten und begleiten

Auf der Ebene der Kommunikationskultur werden die neuen digitalen Kanäle in den Zusammenhang der gesamten Kommunikationsentwicklung der Schule gestellt. Hier geht es darum, mit den neu etablierten digitalen Kanälen und Plattformen auch eine neue Zusammenarbeits- und Kommunikationskultur zu entwickeln. Im Rahmen eines Gesamtkommunikationskonzeptes für die Schulkommunikation sollte ein gemeinsames Kommunikationsverständnis entwickelt, definiert und implementiert werden.

Hier stellen sich unter anderem folgende Fragen: Welchen Stellenwert haben Information, Dialog und Partizipation im Austausch der Schule mit den verschiedenen Anspruchsgruppen? Wie soll das Vernetzungspotenzial der neuen Kanäle genutzt werden? Wie müssen analoge und digitale Kanäle in Kombination eingesetzt und bespielt werden, damit die Kommunikation nicht nur schnell, sondern auch effektiv, effizient und benutzerfreundlich ist? Kommunikationsentwicklung, die den digitalen Wandel aktiv mitgestaltet, umfasst aber auch die Klärung von Erwartungen in der Nutzung einzelner digitaler Kanäle und Plattformen: Wie soll mit der Herausforderung umgegangen werden, rund um die Uhr erreichbar zu sein? In welcher Frequenz haben Nachrichten gelesen, in welchem Zeitraum beantwortet zu werden? Diese Erwartungsklärung ist nicht nur innerhalb des Schulteams, sondern auch mit den Schüler:innen und den Erziehungsberechtigten zu leisten. Damit die angestrebte Kulturentwicklung auch tatsächlich stattfinden kann, braucht es Begleitmassnahmen. Alle Mitarbeitenden der Schule, aber auch Schüler:innen und Erziehungsberechtigte müssen für den Kulturwandel motiviert, unterstützt und befähigt werden, die digitalen Kanäle entsprechend des entwickelten Kommunikationsverständnisses zu nutzen.

Akzeptanz schaffen für den digitalen Wandel der Schule über Veränderungskommunikation

Auf einer dritten Ebene rückt die Schulentwicklung als Ganzes in den Fokus. Diese muss in Zeiten des digitalen Wandels als Veränderungsprozess gestaltet und auch kommuniziert werden. Eine wesentliche Aufgabe der Kommunikation ist es hier, den digitalen Wandel der Schule selbst bei den Stakeholdern zum Thema zu machen. Das bedeutet, nicht nur über gefällte Entscheidungen und Neuerungen zu informieren, sondern auch Hintergründe solcher Entscheidungen zu vermitteln, Unsicherheiten und Ängste zu thematisieren und Austausch und Reflexion gemachter Erfahrungen regelmässig zu ermöglichen. Mit einer solchen Prozesskommunikation kann intern und extern Akzeptanz für die Digitalisierung geschaffen werden, Neugierde geweckt und Motivation für den Wandel gefördert werden. Dabei hilft auch, Erreichtes immer wieder in den Kontext der gemeinsam entwickelten Vision zu stellen und damit eine sinnhafte Veränderungsgeschichte zu erzählen. Neben der Etablierung von digitalen Kanälen und Plattformen auf der ersten Ebene und der Entwicklung einer Kommunikationskultur auf der mittleren Ebene hat die Kommunikation auf der dritten Ebene damit die Rolle, Akzeptanz für den gesamten Prozess des digitalen Wandels der Schule zu schaffen.

Kommunikationsentwicklung als Teil der Schulentwicklung

Die Betrachtung der drei Ebenen macht deutlich, dass Kommunikationsentwicklung ein wichtiger Bestandteil der Schulentwicklung ist. Sie ist dabei zwar hauptsächlich Teil der Organisationsentwicklung, tangiert aber auch die Unterrichts- und Personalentwicklung. Nutzen Lehrpersonen beispielsweise digitale Kanäle so, dass Schülerinnen und Schüler sich gegenseitig Feedback geben, einander bei der Beantwortung von Fragen zum Stoff unterstützen oder kollaborativ an einem Projekt arbeiten können, dann ist das Teil von Unterrichtsentwicklung.  Das Kollegium zu motivieren und zu befähigen, neue Kommunikationskanäle wirksam und dem digitalen Wandel angemessen zu nutzen, ist immer auch Personalentwicklung. Die kontinuierliche Kommunikation der Digitalisierung schliesslich schafft Akzeptanz für die Schulentwicklung. Themen dieser Kommunikation sollten Technologien und Kanäle, aber auch Veränderungen in den Prozessen und der Kultur sein. Das Vermitteln einer gemeinsamen Vision des digitalen Wandels der Schule ist dabei ein wichtiger Teil des Top-down-Prozesses. Über digitale Kanäle und Plattformen und deren wirksame Nutzung wird es aber auch möglich, an dieser Entwicklung Bottom-up mitzuwirken.

Quelle: ZHAW; Organisationskommunikation und Management

Status quo und Handlungsfelder der Schulkommunikation erkennen

Für die Weiterentwicklung der internen und externen Kommunikation auf den drei Ebenen benötigen Schulleitungen eine reflektierte Sicht auf den Status quo der eigenen Schulkommunikation. Nur so können Handlungsfelder erkannt und nachhaltig weiterentwickelt werden. Und nur dann kann die Kommunikationsentwicklung die drei Kernprozesse der Schulentwicklung optimal unterstützen. Hier setzt das Self-Assessment zur Schulkommunikation an (Link: www.zhaw.ch/schulkommunikation).

Das Assessment wurde im Rahmen des von der Stiftung Mercator Schweiz geförderten und vom Verband Schulleiterinnen und Schulleiter Schweiz (VSLCH) unterstützten Forschungsprojekts «Schulkommunikation im digitalen Wandel» entwickelt. Schulleitungen können mit Hilfe des Tools den digitalen Reifegrad der Kommunikation ihrer Schule selbst einschätzen und mögliche Entwicklungspotentiale bestimmen. Hierzu wurde ein Modell entwickelt, das neun wesentliche Handlungsdimensionen für die Schulkommunikation aufzeigt und so eine strukturierte Beurteilung ermöglicht.

Das Self-Assessment-Tool wird im Detail in einem nächsten Blogbeitrag vorgestellt. Ein zweiter Beitrag wird ausgehend von den Spannungsfeldern der Schulkommunikation Einblick geben in die Themen, die in der Kommunikationsentwicklung auf Stufe Organisationentwicklung diskutiert werden sollten. Ein dritter Beitrag wird sich vertieft mit dem Zusammenhang von Kommunikations- und Personalentwicklung beschäftigen und aufzeigen, welche Ansatzpunkte es gibt, um das Schulteam bei der Entwicklung einer neuen Kommunikationskultur zu unterstützen.


Autorin:
Prof. Dr. Nicole Rosenberger Staub
Professur für Organisationskommunikation und Management
Stv. Institutsleiterin Institut für Angewandte Medienwissenschaften (IAM)


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